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Spielen ist geschenktes Lernen

In den letzten Jahren habe ich beim Üben und Unterrichten eine Erfahrung gemacht, die ich am Beispiel meiner Klavierstunden verdeutlichen möchte. Wenn ich der Schülerin erkläre, wie sie ihre Finger perfekt hält – wenn ich ihr also die scheinbar perfekte Technik erkläre – stellt sich natürlich eine Veränderung in ihrem Spiel ein. Aber in den meisten Fällen erfolgt diese Veränderung sehr langsam, sie ist übeaufwendig und nur die ‘Talentierten’ haben Erfolgserlebnisse. Bei den anderen gehen sowohl Spielfreude als auch Lockerheit verloren.

Aber wenn ich das Üben in wiederholendes Spielen verwandle, dann stellen sich in unfassbar schneller Zeit Freude und Erfolg ein. Ich lasse beispielsweise eine Folge von fünf Tönen nicht auf die immer gleiche Art spielen. Beim ersten Mal bitte ich die Schülerin noch, die exakte Abfolge zu versuchen. Dann fordere ich sie aber dazu auf, sämtliche Variationen auszuprobieren. Das bedeutet das Ändern der Töne, der Reihenfolge, des Rhythmus, der Dynamik usw. Und zwischendurch soll sie immer wieder die ursprüngliche Tonfolge mit einflechten. Das nenne ich „gezielt Blödsinn machen“. Doch auf diese Weise beginnt der Ausdruck „Musik spielen“ seine wahre Bedeutung zu erfüllen. Spielen ist ja das eigentliche Ziel beim Musizieren. Also warum nicht gleich von Beginn an? Das Faszinierende an diesem Prozess: Die angepeilte ‘perfekte’ Technik stellt sich zum größten Teil von alleine ein. Den Feinschliff kann man sich dann später noch bei einem Meister holen. Beim Anfänger gilt aber vorerst: Probieren geht über Studieren!